Gegenentwurf

Vor ein paar Tagen habe ich eine Grafik veröffentlich, wo eine Zeitplanungsfirma eine Timeslot-Abbildung der Woche skizziert hat. Sagen wir es mal freundlich – ich fand die Abbildung recht unterhaltsam.

Im Nachgang habe ich das zum Anlass genommen und habe meine eigene Woche mal in so ein Raster gequetscht. Vielleicht interessiert Sie, was dabei herausgekommen ist.

Das Raster

Hier sehen Sie eine typische Woche von mir:

Zeitrahmen (klein)

Zeitrahmen (klein)

Sie können sich hier auch die PDF-Version herunterladen, damit Sie die Einträge besser lesen können:

Zeitrahmen (gross) (983 Downloads)

Erklärung

Dazu muss ich wohl ein bisschen was erklären, zumindest erscheint mir das wichtig.

  • Pendeln: Das sind die Fahrten zum und vom Kunden. Je nach Kunde variiert die Zeit natürlich, aber das Prinzip bleibt erhalten.
  • Arbeiten: Damit sind Tätigkeiten zum Geldverdienen außer Haus gemeint.
  • Home Office: Meine Lebensgefährtin betreibt eine Hundepension und ist als selbständige Designerin tätig. Ich selbst möchte mich ständig weiterbilden und entwickle Konzepte, Methoden, Bücher und dieses Blog hier. Für uns ist das Home Office die Keimzelle aller neuen guten und motivierenden Ideen und unserer Zukunft. Wir lieben und brauchen es.
  • Kochen: Dürfte klar sein. Da ich das überwiegende gerne mache und meine Lebensgefährtin nicht, ist das eben mein Job.
  • Hunde: Gassigehen, Ausbildung, volle Aufmerksamkeit. Darum kümmert sie sich gerne. Ansonsten sind die Hunde natürlich immer um uns herum und nehmen am Leben teil.
  • Kontakte: Gehört eben zum Job dazu, ab und zu muss ich mich mal bei meinen Vermittlern und anderen melden. Das erledige ich üblicherweise nebenher im Home Office. In der Summe ist das maximal eine Stunde in der Woche, eher noch weniger. Ich bin kein Freund von Netzwerken oder Social Communities, sieht man denke ich. Die fressen mir zu viel Zeit, die ich lieber mit meinem Leben verbringe.
  • Haushalt: Nun ja, das Übliche halt, irgendwie muss der Staub ja weg. Meine Lebensgefährtin übernimmt das netterweise freiwillig, sonst wären diese Dinge am Wochenende zu erledigen. Darunter fällt übrigens auch Rasenmähen: Aus einem mir nicht nachvollziehbaren Grund macht ihr das Spaß.
  • Garten & Hausreparaturen: Kleinere Reparaturen und größere Gartenaktionen sparen wir uns für den Samstag auf. Lästig ohne Ende aber wir nehmen es ernst, nennen das gerne „Bestandspflege“. Darunter fällt auch das alle paar Wochen notwendigen Saugen vom Auto, Ölnachfüllen und Reifendruckprüfen.
  • Finanzen: Auch eine Pflicht, die jeder Selbständige hat. Regelmäßig die Unterlagen fürs Finanzamt zusammenpacken und freiwillig Bescheid geben, was ich bezahlen will. Gehört jetzt nicht unbedingt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen; lässt sich nur teilweise an Dienstleister vergeben.
  • Heulen: Das passiert immer, wenn mir erneut klar wird, dass der Unterschied zwischen Brutto und Netto einfach zu groß ist. Meine Lebensgefährtin ist schon mal solidarisch und heult mit.
  • Wochenplan: Eine Pflicht, ich mache es so kurz wie möglich. Oft kann ich das nebenher erledigen.
  • CSI, Royal Pains: Unser persönliches Entspannungsprogramm. Die beiden Serien gehören zu den Dingen, die etwas weniger nerven als der Rest im Fernsehen. CSI entfällt schon mal, wenn wir was zu tun haben. Royal Pains nie. Dr. House kommt hoffentlich bald wieder, dann ist CSI Geschichte.

Da fehlt doch einiges?!

Sie fragen sich vielleicht, wo denn ein paar andere Dinge geblieben sind:

  • Tagesplanung: Findet nebenher statt, dafür habe ich weder feste Zeiten noch Dauern.
  • Fitness: Vergessen Sie es, ich habe keine Lust. Mein Gewicht passt, ich habe keine großen Gebrechen und meine Hautfarbe entspricht gewünscht dem des britischen Hochadels. Also alles im Lack. Und nein, ich brauche keine Überzeugungsversuche von Fanatikern, danke.
  • Freunde und Spaß: Das plane ich nicht. Es gibt in meiner Woche genug freie Zeiten. Allerdings geht mein Leben vor dem aller anderen – d.h. ich halte beispielsweise meine Koch- und Essenszeiten sehr genau ein. Das ist mir wichtig und gibt mir eine Verankerung im Hier und Jetzt. Das mag egoistisch klingen aber… naja, es ist egoistisch und ich finde daran nichts falsch.
  • Partnerschaft: Hallo? Die ist praktisch überall und immer Bestandteil aller Tätigkeiten. Nur wenn ich außer Haus bin nicht und selbst dann telefonieren wir schon mal zwischendurch. Unser Home Office ist ein gemeinsames großes Büro. Hier muss ich nichts planen. Ich würde mir auch ernsthaft Gedanken machen, ob etwas mit der Beziehung nicht stimmt, wenn in meinem Wochenplan regelmäßig Zeiten für die Partnerin geblockt wären.
  • Einkaufen: Sie übernimmt das gottlob. Aber Sie vermissen vielleicht das Wochenend-Ritual der meisten Paare? Nun. Zum einen haben wir Samstag keine große Langeweile und zum anderen bestellen wir fast alles Online. Ist billiger und schneller. Wenn es denn unbedingt mal sein muss, dass wir etwas Größere vor Ort kaufen müssen, erledigen wir das fast immer unter der Woche und dafür fällt dann mal Home Office aus (oder wir nehmen uns halbe Tage frei – noch viel besser).
  • Weiße Stellen: Die sind der Grund, wieso ich überhaupt je mit der Planung angefangen habe. Ich wollte so viel „freie“ Zeit wie irgendwie möglich haben, damit ich meinen vielen verrückten Ideen nachgehen kann. Hier liegen Tätigkeiten wie Lesen, Sternegucken, Ausflüge in die Natur, Wochenendtripps und so weiter.

Oha, sehr geplant, oder?

Finden Sie wirklich? Der Plan lässt uns doch unendlich viel Freiheit. Das allermeiste davon besteht aus freiwilligen Dingen, die wir von heute auf morgen anders gestalten können. Klar. Geldverdienen muss sein und ein bisschen Ordnung auch. Verhungern wollen wir auch nicht. Aber sonst?

Das Ziel aller Bemühungen zum Thema Selbstmanagement in den letzten Jahren war wie erwähnt immer, dass ich weg von Fremdverpflichtungen und hin zu Eigenbestimmung komme. Und das habe ich nun wirklich erreicht.

Daher muss ich sagen: Ich widerspreche, wenn Sie denken, dass das zu sehr geplant ist.

Sie sind extrem…

Sie wundern sich darüber, dass ich schon um 05:30 mit dem Pendeln beginne oder keine Pause für den Mittagstisch einlege?

Das kommt schlicht daher, dass ich mir den Wecker auf 5 Uhr stelle und so etwas wie Mittagstisch nicht mache. Ich esse am Arbeitsplatz, wenn das möglich ist. Wenn nicht, würde natürlich die Arbeit vom Essen unterbrochen werden, würde aber im Plan nicht auftauchen. Denn das wäre dann ein Arbeitsessen. Mir sind die Forderungen einiger Gurus nach stundenlangen Spaziergängen zum Entspannen als Mittagspause bekannt – passt für mich nicht, ich will so schnell wie möglich wieder ins Home Office, ohne dabei aber den Kunden zu vernachlässigen. Mal abgesehen davon finden es viele Kunden sogar ziemlich gut, dass jemand so früh im Büro sitzt und schon mal den Laden ans Laufen kriegt und auch in der Mittagszeit am Platz ist 😉

Sie finden es extrem, dass dort keinerlei Sport auftaucht?

Ich habe in den letzten 15 Jahren mehr als nur einmal eine aktive Mitgliedschaft in Fitnessclubs besessen. Auch war ich schon Joggen, Radfahren und habe vieles ausprobiert. Aber für mich kommt vieles davon nicht mehr in Frage. Ich habe keinerlei Motivation mich mit 10 anderen Menschen schwitzend in einer Reihe aufzustellen und einen winzigen Fernseher an der Decke anzuglotzen, während ich mir 120min lang denke was das für einen kolossale Zeitverschwendung ist.

Davon abgesehen bin ich kerngesund, mein Kreislauf ist in Ordnung, mein Gewicht im Rahmen und ich habe es endlich geschafft Nichtraucher zu sein. Ich fahre grundsätzlich keinen Aufzug, achte im Rahmen auf meine Ernährung und fühle mich wohl. Die regelmäßige ärztliche Inspektion sagt immer „alles perfekt“.

Der Plan stimmt doch nicht!

Sie wundern sich, wieso wir so wenig Zeit in Haushalt oder Gartenpflege investieren?

  • Haushalt: Bei uns fahren Staubsaugerroboter herum, damit meine Lebensgefährtin weniger Zeit ins Saugen investieren muss. Wir haben dafür vor Jahren einige Tausend Euro in die Hand genommen aber die Zeitersparnis ist es uns wert. Jeden Tag werden unsere Haupträume zwei Stunden lang gesaugt – da werden selbst die allermeisten Hundehaare Geschichte. Das Reinigen der Geräte dauert 10min täglich. Netto eine Zeitersparnis von locker 15min am Tag. Und das seit zwei Jahren… sind… 180 Stunden *g*
  • Garten: Wir haben dafür gesorgt, dass er möglichst pflegeleicht ist. Wenn wir könnten, würden wir auch noch den Rasen betonieren – aber das sieht dann nicht mehr so schön aus. Alles andere wird zwei Mal im Jahr sportlich zurück geschnitten und mit Rindenmulch zugeschüttet. Das spart schon echt viel Arbeit. Den Rest besorgen die Hunde 😉
  • Finanzen: Ich habe mir eine „intelligente“ Ablage überlegt, wo alle beruflich bedingten Ausgaben gesammelt werden. Eigentlich werden nicht die Ausgaben gesammelt sondern die Belege… wie auch immer. Jedenfalls gibt es da so ein „hochentwickeltes“ System, dass es mir wirklich einfach macht: Plastikkiste. Dort landet nur das, was beruflich ist und ich hebe wichtige Passagen auf den Belegen sofort hervor. Onlinebestellungen werden ausgedruckt und entsprechend abgelegt, Kreditkartenbelege umgehend bearbeitet. Das kostet mich täglich ein paar Sekunden vermute ich, führt aber dazu, dass ich den „Buchhaltungskram“ auf ein paar Minuten samstags reduzieren kann. Alles andere macht mein Steuerberater, dessen Arbeit ich nur selten kontrolliere. Unter „Finanzen“ fällt auch das Abheften meiner Ablage-Box, wo bspw. Verträge und wichtige Unterlagen gesammelt werden. Das Lochen und einheften in Ordner/Hängeregister geht richtig flott.
  • Kochen: Wie das in 30min gehen soll? Ein 3-Gänge-Menü gibt es wenn überhaupt mal am Wochenende, aber unter der Woche wird einfach gekocht. Und ich koche keine Tütensuppen. Auch wird Fleisch paniert oder Saucen selbst gemacht. Das ist kein Problem in ein paar Minuten. In den 30min sind noch Vor- und Nachbereitung enthalten. Zwei bis drei mal im Monat gönnen wir uns auch Essen außerhalb. Pommesbude und Fastfood. Essengehen heben wir uns für die Momente auf, die es uns wert sind, für Durchschnittsessen 60 € zu bezahlen.

Und selbst?

Ich denke mir, dass diese große Offenheit überraschend für Sie ist. Aber vielleicht haben Sie ja Lust ein paar Gedanken mit uns anderen zu teilen. Haben Sie sich schon mal Gedanken über den Ablauf Ihrer Woche gemacht?

 

2 Kommentare

  • Der Plan berücksichtigt schwerpunktmässig die Arbeit. Alle anderen Bereichen kämen *mir* so zu kurz. Ich glaube, der Sinn eines solchen Planes liegt darin sicherzustellen, dass alle Bereiche (Spirituelles, Soziales, Sport etc.) berücksichtigt sind.

    Doch die Hautsache ist, dass der Plan einem dient. 🙂

    • Der Plan plant fast ausschließlich Arbeitszeiten, richtig. Weil ich meine privaten Zeiträume nicht planen muss – es gibt genug „weiße Stellen“.
      Das ist ja einer der Kernpunkte meiner Kritik gewesen und der Grund, wieso ich einen Gegenentwurf gepostet habe. Ich finde nicht, dass private Zeiten unbedingt geplant werden müssen. Die ergeben sich völlig automatisch, wenn man es mit der Planung nicht übertreibt.
      Meiner Ansicht nach liegt genau hier der Hund begraben. Selbstredend könnte man die gesamte Woche zupflastern, um ja nicht zu vergessen, dass man auch ein Privatleben hat. Aber wieso sollte man, wenn man mit ein bisschen gesundem Menschenverstand und einer klaren Zielsetzung bei der Planung das überhaupt nicht nötig hat.

      Umgekehrt wird meiner Ansicht nach übrigens kein Schuh daraus. Arbeitsblöcke müssen erfahrungsgemäß geplant werden, weil sonst der Schlendrian Einzug hält. Oder anders: Arbeit ist nicht immer „Fun“. Private Zeitblöcke hingegen schon (…wenn nicht, haben wir ganz andere Probleme).

      Aber selbstredend ist mein Gegenentwurf ebenso „einseitig“ wie der Originalentwurf. Ist halt ein Kontrapunkt. Keine ultima ratio für alle.

      Nur ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Ich habe diesen Plan aus dem Gedächtnis zusammengestellt, um einen Gegenentwurf zu erstellen. Ich selbst nutze so ein Zeitraster nicht und würde das auch nicht wollen.

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