Alles aufschreiben… oder?

Sie kennen diese Aussage, man solle alles aufschreiben, damit die Leistungsfähigkeit des Gehirns nicht mit Erinnerungstätigkeiten verschwendet wird.

Das führt dann auch durchaus zu Extremen wie „einfach jeden Gedanken notieren, damit er nicht verloren“ geht. Oder anders ausgedrückt: Zu einer Müllhalde voller Gedankenschnippsel.

Andere Sicht der Dinge

writing in the journal von redcargurl bei Flickr

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Ich persönlich bin auch ein großer Freund davon, dass wir die Dinge, die wir im Grunde nicht dauerhaft benötigen, lieber aufschreiben und dann aus unserer Erinnerung tilgen. So etwas wie Telefonnummern für einen Rückruf oder die Entscheidungskriterien einer größeren Anschaffung, die nur mittelfristig wichtig sind. Auch sollten wir die Dinge notieren, deren unverfälschtes Festhalten von großer Bedeutung ist. Sonst verdreht unser kreatives Hirn die Tatsachen zu „Sollzuständen“ und die Fakten werden Wünsche.

Aber ich bin kein großer Freund davon, dass wir gar nichts mehr behalten bzw. einfach alles aufschreiben sollten. Wir sollten erst einmal gründlich filtern.

Natürlich könnten Sie jetzt erwidern, ob das Risiko etwas wirklich Tolles fälschlicherweise auszufiltern nicht recht hoch ist. Also ob es nicht doch sinnvoller wäre, lieber alles aufzuschreiben und dann später das zu streichen, was Unsinn war.

Machen wir es kurz: Natürlich passiert das. Sie werden auch mal die Dinge wieder verlieren, die eigentlich wirklich wichtig gewesen wären. Aber wissen Sie, was passieren wird?

Sie werden wichtige Gedanken immer wieder haben und spätestens dann eben aufschreiben.

Also haben Sie keine Angst davor loszulassen. Schreiben Sie nicht jeden ollen Gedanken auf, müllen Sie nicht Ihre Aufgabenlisten mit Erinnerungen voll und hören Sie auf sich damit selbst unter Druck zu setzen, dass Sie jederzeit schreibbereit und notierfähig sind. Ich bin ehrlich: Letzteres ist ein chronisches Problem unter Selbstmanagement-Begeisterten.

Das was wichtig ist, erkennen Sie intuitiv. Und wenn mal etwas vergessen wird – nun, dann ist es eben so. Wir sind keine Computer und müssen das auch nicht anstreben.

Kreativität nur mit leerem Kopf?

Nothing, at Palo Verde Hills von kevin dooley bei Flickr

Nothing, at Palo Verde Hills von kevin dooley bei Flickr

Oft wird behauptet, dass wir nur dann kreativ sein können, wenn wir unseren Kopf nicht mit Erinnerungen beladen. Also wird die Forderung aufgestellt, alles, was in unserem Kopf an „losen Enden“ herumwirrt aufzuschreiben, zu verarbeiten und abzulegen.

Meine Erfahrung damit ist, dass es zwar ein wirklich tolles Gefühl ist, wenn der Kopf plötzlich mal komplett leer ist – das hält üblicherweise maximal ein paar Stunden an – aber wirklich mehr gute Ideen oder kreative Einfälle hatte ich deshalb nicht. Ich hatte weniger Stress, ja – aber nur für einen kurzen Augenblick. Denn irgendwann kommt der nächste „Müll“ und auch der muss dann wieder „entsorgt“ werden – täglich, wöchentlich, ständig. Wir verstopfen unseren Posteingang, quälen unsere Computer mit endlosen Aufgabenlisten (selbstredend primär die mit „irgendwann mal machen“-Inhalten) und setzen uns schlussendlich auch noch unter Druck, weil wir „jetzt voll kreativ“ sein müssen.

Für mich klingt das nicht sonderlich erstrebenswert. Und förderlich für die Kreativität kann das ganz sicher auch nicht sein.

Vollhirn-Kreativität

Ich glaube vielmehr, dass Kreativität gerade dann besonders gut gedeihen kann, wenn wir unseren Kopf mit totalem Blödsinn beladen. Wenn wir stundenlang die Wikipedia durchstöbern und plötzlich Experten im Rechtssystem des Mittelalters sind oder zum ersten Mal davon gelesen haben, dass es Katakomben in Paris gibt mit Kunstwerken aus Knochen und Schädeln – das sind doch die Dinge, die unseren Kopf zu neuen Ideen anregen, oder?

Sind Sie wirklich der Meinung, dass absolute Leere/Ruhe zu neuen Impulsen führen kann?

In Biologie habe ich leider nicht immer besonders gut aufgepasst, aber eine Sache ist hängengeblieben: Wir bekommen ständig von außen Impulse und diese Impulse/Eindrücke führen zu einer Weiterentwicklung. Und ich bin absolut sicher: Auch Impulse von Innen leisten Ihren Teil.

 

2 Kommentare

  • Hallo Mirko!

    Ich bin ein großer Fan davon, Ideen, die mir spontan in den Sinn kommen, wenn möglich sofort aufzuschreiben, damit ich diese aus dem Kopf bekomme und mich auf das Thema konzentrieren kann, an dem ich gerade arbeite. Aber sicherlich schreibe ich nicht jeden Gedanken auf und versuche auch nicht, meinen Kopf komplett leer zu schreiben. 😉

    Ich nutze allerdings gerne Mindmaps, um meine Gedanken zu sortieren und in eine Struktur zu bringen. Diese Mindmaps kann ich dann nach und nach erweitern, wenn mir ein passender Gedanke kommt. Leere im Kopf hat bei mir aber noch nie zu neuen Ideen geführt. Irgend wie muss erst mal Input reinkommen, damit Ideen entstehen können! 🙂

    Viele Grüße,
    Mirko

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