Stress herbeireden

Kennen Sie auch die Kollegen, die vor lauter Arbeit nicht wissen wo ihnen der Kopf steht?

Oder die es jedenfalls nicht müde werden zu betonen, dass es so sei.

Herbeigeredeter Stress

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Jim Linwood bei Flickr

Ich mache mich jetzt unbeliebt und erzähle aus meiner beruflichen Erfahrung. Ich plappere ein Geheimnis aus, dass vermutlich jeder von Ihnen kennt:

Wir tun manchmal nur so als ob wir total überlastet wären.

Dabei erzählen wir das aber niemandem. Sondern stellen unsere Belastung völlig anders da, als diese wirklich ist. Wir nutzen dabei abgedroschene Sätze, die zwar jeder schon hundertmal gehört aber kaum noch jemand hinterfragt. Dieses ständige Wiederholen immer derselben Floskeln

  • „Es ist ja nicht so, dass ich hier nichts zu tun hätte.“
  • „Das auch noch? Das kommt aber ganz nach hinten.“
  • „Ich weiß echt nicht wo mir der Kopf steht.“
  • „Hab ich keine Zeit für.“
  • „Ich will nur schnell mal in das Brötchen beißen, dann geht es direkt weiter.“
  • „Ich weiß auch nicht, wie wir das noch schaffen sollen.“

hat fatale Auswirkungen auf uns selbst: Wir glauben daran, selbst wenn wir (zumindest anfangs) wissen, dass es eigentlich nicht stimmt.

Aber wie klingt das… „ja kein Problem, ich hab grad nichts zu tun“, „Sicher Chef, wollen wir noch diese Funktion mit einbauen, das passt noch locker“… irgendwie fühlt man sich da doch so… überflüssig, oder?

Ursachen

Ich bin kein Psychologe und kann auch nicht die Körperchemie zu Rate ziehen, wieso wir so reagieren. Aber ich habe ein paar einfache Verdachtsmomente und vielleicht sind da ein paar Treffer dabei:

  • Panische Angst den Arbeitsplatz zu verlieren.
  • Sich selbst sein völlig belangloses Arbeitsleben schön reden.
  • Das Gefühl überflüssig oder ersetzbar zu sein nicht ertragen können.
  • Rechtfertigung für das Gehalt oder Honorar aufbauen.
  • Gruppendruck: Jeder jammert.
  • Erwartungen des Vorgesetzten erfüllen.
  • Sich selbst im Spiegel ansehen und das Arbeitstier in einem selbst bewundern.

Auswirkungen auf uns

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alancleaver_2000 bei Flickr

Nach genug Wiederholungen sind wir bereit beinahe alles zu glauben (siehe Werbung). Vor allem glauben wir seriösen Quellen noch viel eher. Und welche Quelle ist wohl seriöser als wir selbst?

Wenn wir uns also lange genug mit diesen Floskeln bearbeiten, glauben wir selbst daran. Und zeigen Symptome von echtem/negativem Stress. Sind panisch, fahrig, unkonzentriert, schwitzen, sind schlecht gelaunt und gehen unserer Umwelt auf den Wecker. Wohlgemerkt: Ohne echten Grund!

Aus Selbstmanagementsicht ist das eine ziemlich komplizierte Kiste. Auf der einen Seite wollen wir mit Zeitmanagement mehr Zeit für unsere wichtigen Dinge frei räumen, aber auf der anderen Seite wollen wir auch mit Anti-Stress-Methoden die Auswirkungen von Belastungen reduzieren. Wenn aber die Belastung eigentlich nur eingeredet ist, können zwei Dinge passieren:

  • Gar nichts. Wo nichts ist, kann nichts behandelt werden. Wir probieren zig Methoden aus und suchen jahrelang nach dem Heilmittel.
  • Wir erkennen die Wahrheit.

Ich ziehe die Wahrheit vor, auch wenn mir unterm Strich die Erkenntnis nicht gefällt. Aber wenn ich der Wahrheit ins Auge blicke, kann ich Entscheidungen treffen. Wenn ich mich aber selbst weiterhin belüge und noch weitere Jahre damit verschwende mir „helfen“ zu lassen, wohin soll mich das führen? Herzinfarkt aufgrund von imaginärem Stress?

Bemerkung

Mir ist klar, dass es durchaus auch wirklichen Druck und Engpässe gibt. Hier ging es aber nur um ein Phänomen, das meiner Ansicht nach weiter verbreitet ist, als so landläufig zugegeben wird. Gehen Sie mal in sich und versuchen Sie klar zu sehen. Kommt es Ihnen bekannt vor?

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